Deutschland seit 1945
1945-1949
Länderübergreifende legislative Organe in den Besatzungszonen der drei westlichen Alliierten

Neben den Beratenden Versammlungen und ab 1946/47 den Landtagen der Länder richteten die Besatzungsbehörden und später die Länder der Amerikanischen, Britischen und Französischen Besatzungszonen ab Ende 1945 zum einen eine Reihe von Konferenzen der Ministerpräsidenten und sonstiger Gremien ein, in denen länderübergreifende Probleme beraten und teils geregelt wurden. Im folgenden wird die Zusammensetzung derjenigen dieser Organe dargestellt, die ganz oder überwiegend gesetzgebenden Charakter hatten.

Legislative Organe der Amerikanischen, der Britischen und der Französischen Besatzungszonen vor dem Parlamentarischen Rat
Konferenzen der Ministerpräsidenten und Länderrat
Für die Länder in der Amerikanischen Besatzungszone (Bayern, Bremen, Hessen, Württemberg-Baden) bestand vom 6.11.1945 bis 22.10.1949 ein Länderrat. In diesem Gremium, das insbesondere aus einem Rat der Ministerpräsidenten und einem Koordinationsbüro bestand, waren die Regierungen der Länder vertreten.
In der Britischen Besatzungszone tagten die Regierungschefs der dortigen Länder und Provinzen [Land Braunschweig, Stadt Hamburg, Provinz Hannover, Land Lippe, (Nord-)Rheinprovinz , Land Oldenburg, Provinz Schleswig-Holstein, Provinz Westfalen und bis 31.3.1947 das Gebiet des späteren Landes Bremen] zwischen dem 3.9.1945 und dem 6.12.1947 in einer Reihe von Sitzungen.
Zwischen dem 6.3.1946 und dem 29.6.1948 bestand zusätzlich ein "Zonenbeirat", der durch Anweisung Nr. 12 der Britischen Militärregierung vom 15.2.1946 eingerichtet worden war. Diesem gehörten zunächst insgesamt 26 Vertreter von 5 Gruppen an: 6 Vertreter der Parteien (je 1 CDU, SPD, FDP, KPD, Z, NLP); 6 Vertreter der Verwaltungen [je 1 für Hamburg (Parteilos), Hannover (SPD), Rheinprovinz (CDU), Schleswig-Holstein (CDU), Westfalen (Parteilos) und die kleineren Länder (aufeinander folgend: Oldenburg (FDP), Bremen (SPD), Lippe (SPD), Braunschweig (Parteilos))]; 10 Vertreter für einzelne Sachgebiete [je 1 für Arbeitseinsatz (SPD), Ernährung und Landwirtschaft (CDU), Erziehung (SPD), Flüchtlinge (Parteilos), Gesundheit (Parteilos), Industrie und Handel (SPD), Innere Sicherheit (Parteilos), Post und Fernmeldewesen (Parteilos), Justiz (Parteilos), Transport (CDU)]; 2 Vertreter der Gewerkschaften (beide SPD) und 2 Vertreter der Verbrauchergenossenschaften (beide Parteilos). Dieser (1.) Zonenbeirat bestand in dieser Zusammensetzung bis zum 30.4.1947.
Nach der Vollendung der Bildung der Länder in der Britischen Besatzungszone, zuletzt durch die Zulegung des Landes Lippe zum Land Nordrhein-Westfalen am 21.1.1947, wurde der Zonenbeirat durch Verordnung der Britischen Militärregierung vom 10.6.1947 (als sog. "2." Zonenbeirat) neu zusammengesetzt. Er bestand nun aus 37 Mitgliedern, die von den Landtagen der Länder Hamburg (3 Mandate), Niedersachsen (10), Nordrhein-Westfalen (20) und Schleswig-Holstein (4) gewählt wurden.
In der Französischen Besatzungszone fanden zunächst unregelmäßige Tagungen der Ministerpräsidenten der dortigen Länder (Baden, Rheinland-Pfalz und Württemberg-Hohenzollern) statt. Durch Anordnungen der Französischen Militärregierung vom 17. März 1948 und vom 18.8.1948 wurden diese als monatlich stattfindende Konferenzen der Ministerpräsidenten und einzelner Minister festgelegt.

Legislative Organe des Vereinigten Wirtschaftsgebietes ("Bizone")
Seit September 1946 arbeiteten die Behörden der Amerikanischen und der Britischen Besatzungszone in einer Reihe von Sachfragen in fünf separaten Verwaltungsräten (je für Wirtschaft, Ernährung und Landwirtschaft, Verkehr, Post- und Fernmeldewesen, Finanzen) zusammen. Die Verwaltungsräte wurden auf Grundlage von Abkommen zwischen den Landesregierungen gebildet. Diesen Verwaltungsräten standen mit der Gründung des Vereinigten Wirtschaftsgebiets (der "Bizone") durch ein Abkommen zwischen der Amerikanischen und der Britischen Besatzungsmacht vom 2.12.1946, in dem diese Verwaltungsräte zusammengefasst wurden, zum 1.1.1947 je einzelne Verwaltungsämter zur Verfügung.
Dazu kam durch das amerikanisch-britische Abkommen über die Neugestaltung der zweizonalen Wirtschaftsstellen vom 29.5.1947 die Bildung eines Wirtschaftsrats und eines Exekutivausschusses für die Bizone, die mit Proklamation Nr. 5 der Amerikanischen Militärregierung und mit Verordnung Nr. 88 der Britischen Militärregierung zum 25.6.1947 eingesetzt wurden. Der Wirtschaftsrat bestand aus 52 Mitgliedern, die von den Landtagen der Länder Bayern (12 Mandate), Bremen (1), Hamburg (2), Hessen (5), Niedersachsen (8), Nordrhein-Westfalen (16), Schleswig-Holstein (3) und Württemberg-Baden (5) gewählt wurden. Der Exekutivausschuss (ab 16.9.1947 Exekutivrat genannt) bestand aus den Ministerpräsidenten dieser acht Länder. Der Exekutivrat schlug insbesondere dem Wirtschaftsrat vor, welche Personen Direktoren der fünf Verwaltungsämter (anstelle der vorherigen Verwaltungsräte) werden sollten. Der Wirtschaftsrat wählte die Direktoren der Verwaltungsämter nach diesen Vorschlägen.
Mit dem Revidierten Fusionsabkommen vom 17.12.1947, der Proklamation Nr. 7 der Amerikanischen Militärregierung und der Verordnung Nr. 126 der Britischen Militärregierung wurden die Struktur und die Zusammensetzung des Wirtschaftsrats verändert. Hinsichtlich der Zusammensetzung brachte dies im (2.) Wirtschaftsrat lediglich die Verdopplung der Mandatszahl jedes Landes als solche mit sich. Außerdem bildeten die fünf Direktoren der Verwaltungsämter nun gemeinsam mit einem ressortlosen "Oberdirektor" den Verwaltungsrat der Bizone, der damit regierungsähnlichen Zuschnitt und vergleichbare Funktionen im Rahmen der Zuständigkeiten der Verwaltungsämter innehatte.
Der Exekutivrat wurde mit dem "Frankfurter Statut" durch Proklamation Nr. 7 der Amerikanischen Militärregierung und durch Verordnung Nr. 126 der Britischen Militärregierung vom 9.2.1948 zum 23.2.1948 in einen Länderrat umgewandelt, dem neben den Ministerpräsidenten je ein weiteres Mitglied je Land angehörte.

Legislative Organe der Trizone
Seit Februar 1946 fanden Konferenzen der Ministerpräsidenten der Länder aller drei westlichen Besatzungszonen statt. Die letzte dieser Konferenzen fand am 25. und 26.8.1949 statt. Dazu kamen Tagungen der Fachminister der Länder. Ab Juli 1949 wurden diese Konferenzen ergänzt durch eine Reihe von Überleitungsausschüssen zur Einrichtung der Bundesorgane der am 23.5.1949 konstituierten Bundesrepublik Deutschland.

Verfassunggebende und -beratende Organe der drei westlichen Besatzungszonen und der Parlamentarische Rat
In den "Frankfurter Dokumenten" autorisierten die drei westlichen Besatzungsmächte die Länder auf dem Gebiet ihrer Besatzungszonen am 1.7.1948, eine Verfassunggebende Versammlung einzurichten. Die Ministerpräsidenten beriefen diese Versammlung unter der Bezeichnung "Parlamentarischer Rat" in Absprache mit den drei Besatzungsmächten am 26.7.1948 zum 1.9.1948 ein.
Zur Vorbereitung der Verfassungsgebung fand auf Beschluss der Konferenz der Ministerpräsidenten der Länder der Trizone vom 20. bis 22.7.1948 zwischen dem 10. und 23.8.1948 eine Sachverständigentagung statt, der sog. Verfassungskonvent von Herrenchiemsee. Dieser Konvent bestand aus 28 Mitgliedern, und zwar aus je einem Bevollmächtigten und je einem Mitarbeiter jedes Landes, einem Vertreter Berlins und insgesamt fünf Sachverständigen.
Am 1.9.1948 nahm auf Grundlage der Ergebnisse dieser Tagung der Parlamentarische Rat seine Arbeit auf. Seine Tätigkeit endete mit der Verabschiedung des Grundgesetzes am 23.5.1949. Er bestand aus insgesamt 70 Abgeordneten. 65 Abgeordnete, die von den Landtagen von Baden (2), Bayern (13), Bremen (1), Hamburg (2), Hessen (6), Niedersachsen (9), Nordrhein-Westfalen (17), Rheinland-Pfalz (4), Schleswig-Holstein (4), Württemberg-Baden (5) und Württemberg-Hohenzollern (2) gewählt wurden, waren für Beschlüsse des Parlamentarischen Rates stimmberechtigt. 5 weitere Abgeordnete für Berlin (3 SPD, 1 CDU, 1 FDP) hatten nur beratende Rechte. Die Angaben in der Tabelle beziehen sich nur auf die 65 stimmberechtigten Abgeordneten.

Politische Zusammensetzung der länderübergreifenden gesetzgebenden und -beratenden Organe der drei westlichen Besatzungszonen und des Parlamentarischen Rats
Körperschaft Datum KPD SPD FDP Z CDU/CSU DP WAV Sonstige Insgesamt
1. Zonenbeirat der Britischen Zone 06.03.1946 1 7 1 5 1 1 - 10 26
2. Zonenbeirat der Britischen Zone 10.06.1946 4 14 3 12 2 2 - - 37
1. Wirtschaftsrat der Bizone 25.06.1946 3 20 4 2 20 2 1 - 52
2. Wirtschaftsrat der Bizone 24.02.1948 6 40 8 4 40 4 2 - 104
Länderrat der Bizone 24.02.1948 - 8 1 1 6 - - - 16
Parlamentarischer Rat 01.09.1948 2 27 5 2 27 2 0 - 65

1. Zonenbeirat: Angaben für die Parteizugehörigkeit der Mitglieder, wobei die Zugehörigkeit der Mitglieder zu den Parteien und nicht zu den sie je entsendenden Gruppen berücksichtigt wurde
Länderrat: Angaben für die Parteizugehörigkeit der Mitglieder; Funktion und Parteizugehörigkeit der Mitglieder nach Ländern waren wie folgt: Bayern: Ministerpräsident (MP) (CSU), Staatsminister (StM) (CSU); Bremen: Senatspräsident (SPD), Senator (BDV); Hamburg: Bürgermeister (SPD), Bevollmächtigter beim Vereinigten Wirtschaftsgebiet (SPD); Hessen: MP (SPD), Stellv. Ministerpräsident (StvMP) (CDU); Niedersachsen: MP (SPD), StM (CDU); Nordrhein-Westfalen: MP (CDU), Minister (Min) (Z); Schleswig-Holstein: MP (SPD), Min (SPD); Württemberg-Baden: StvMP (CDU), Min (SPD)

FDP: im 1. Wirtschaftsrat und 2. Wirtschaftsrat Summe der Vertreter von FDP, DVP und LDP; im Länderrat BDV
CDU/CSU: im 1. und 2. Zonenbeirat CDU; im 1. Wirtschaftsrat davon CDU 14, CSU 6; im 2. Wirtschaftsrat davon CDU 28, CSU 12; im Länderrat der Bizone davon CDU 4, CSU 2; im Parlamentarischen Rat davon CDU 19, CSU 8
DP: im 1. Zonenbeirat NLP
Sonstige: im 1. Zonenbeirat davon 10 Parteilose und 1 Mandat für die Vertreter der kleinen Länder, das zwischen Angehörigen von SPD, CDU und FDP und einem Parteilosen wechselte

Politische Zusammensetzung des 2. Wirtschaftsrats der Bizone nach Ländern
  KPD SPD FDP Z CDU/CSU DP WAV Insgesamt
Bayern 2 6 2 - 12 - 2 24
Bremen 0 2 0 - 0 - - 2
Hamburg 0 2 0 - 2 - - 4
Hessen 0 4 2 - 4 - - 10
Niedersachsen 0 8 0 0 4 4 - 16
Nordrhein-Westfalen 4 10 2 4 12 - - 32
Schleswig-Holstein - 4 - - 2 - - 6
Württemberg-Baden 0 4 2 - 4 - - 10
Insgesamt 6 40 8 4 40 4 2 104

CDU/CSU: CDU; in Bayern CSU

Politische Zusammensetzung des Parlamentarischen Rats nach Ländern
  KPD SPD FDP Z CDU/CSU DP Insgesamt
Baden 0 1 0 - 1 - 2
Bayern 0 4 1 - 8 - 13
Bremen 0 1 0 - 0 - 1
Hamburg 0 1 0 - 1 - 2
Hessen 0 3 1 - 2 - 6
Niedersachsen 0 4 1 0 2 2 9
Nordrhein-Westfalen 2 6 1 2 6 - 17
Rheinland-Pfalz 0 2 0 - 2 - 4
Schleswig-Holstein - 2 - - 2 - 4
Württemberg-Baden 0 2 1 - 2 - 5
Württemberg-Hohenzollern 0 1 0 - 1 - 2
Insgesamt 2 27 5 2 27 2 65

CDU/CSU: CDU; in Bayern CSU

Quellen
Eigene Darstellungen und Berechnungen nach den Angaben in:
1. Zonenbeirat, 2. Zonenbeirat: Weiser, Gerhard (Hrsg. auf Beschluss des Zonenbeirats) 1953: Der Zonenbeirat der Britisch besetzten Zone. Göttingen: Otto Schwarz. S.141-144.
1. Wirtschaftsrat, 2. Wirtschaftsrat, Länderrat: Presseabteilung des Verwaltungsrates (Hrsg.) 1948: Wegweiser durch die Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes, insbesondere Wirtschaftsrat, Länderrat, Verwaltungsrat und angeschlossene Ämter. Mit einem Anhang: Die in Frankfurt a. M. vertretene in- und ausländische Presse. 2. Aufl. Frankfurt/Main: Selbstverlag. S.4-17.
Parlamentarischer Rat: Drucksache Nr. 21 des Parlamentarischen Rats.
Institutionelle Zusammensetzung und Zuständigkeiten der Organe im einzelnen: im Text der Erläuterungen je genannte Rechtsakte

Die Gestaltung der Tabellen und die Angaben zu allen Ergebnissen in Prozent und zur Mandatsverteilung gehen auf eigene Berechnungen nach den Angaben in o.a. Quellen zurück.

Zuletzt aktualisiert: 15.11.2013
Valentin Schröder
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